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Kartelle und Gefangegendilemma
5 Allgemeine Gleichgewichtstheorie
Die Positive Theorie
D
as Allgemeine Gleichgewicht bezeichnet einen Zustand der Volkswirtschaft, auf den die folgenden drei Bedingungen zugleich zutreffen:
1. Sämtliche Güter werden zu minimalen Stückkosten hergestellt.
2. Sowohl die geplanten Konsummengen der Haushalte als auch die von den Unternehmen geplanten Produktionsmengen werden realisiert.
3. Keinem Produzenten verbleibt nach Abzug der Kosten für Faktorleistungen, zu denen auch die unternehmerische Leistung zählt, ein Gewinn. Sie machen allerdings auch keinen Verlust. 

Stichwortartig lassen sich diese Bedingungen auch kürzer und etwas technischer fassen:

  1. 1. Produktion im Betriebsoptimum.
  2. 2. Haushalte und Unternehmungen im Gleichgewicht (s. Haushaltsoptimum, Gewinnmaximierung)
  3. 3. Nullprofitsituation 

Aus der zweiten Bedingung, dass alle Wirtschaftssubjekte ihre Pläne realisieren können, folgt unmittelbar, dass alle Gütermärkte geräumt sein müssen. Ansonsten gäbe es Produzenten, die ihre Ware nicht absetzen könnten. Ebenso folgt, dass das Warenangebot die Warennachfrage nicht restringiert, denn ansonsten wäre der Plan mindestens eines Haushalts nicht aufgegangen. Schließlich gilt, dass die Unternehmen offensichtlich jene Güter und jene Mengen herstellen, die die Konsumenten wünschen. Wäre dies nicht der Fall, hieße das wiederum, dass mindestens ein Haushalt seinen Plan nicht in die Realität umsetzen könnte. Die konsumierenden Haushalte bestimmen also, was in welcher Menge produziert wird. Deshalb spricht man von Konsumentensouveränität.

Alles in allem scheint also das Allgemeine Gleichgewicht ein anstrebenswerter Zustand zu sein, in dem keine Ressourcen verschwendet werden, da zu minimalen Kosten produziert wird, und die Unternehmen den Wünschen der Verbraucher nachkommen. Dem ökonomischen Prinzip wird Rechnung getragen.

Prinzipiell wäre man in der Lage, alle Bedingungen dahingehend zu überprüfen, ob sie erfüllt sind. Man müsste ja "lediglich" alle Verbraucher und Produzenten fragen, ob ihre für die betrachtete Wirtschaftsperiode gefassten Pläne erfüllt wurden, und kontrollieren, ob es nicht doch für das eine oder andere Gut eine kostengünstigere Produktionsmöglichkeit gäbe. Mit anderen Worten, die Aussage "Die Volkswirtschaft befindet sich im Allgemeinen Gleichgewicht" ist falsifizierbar. Daher zählt alles, was bis zu diesem Punkt angesprochen wurde, zur positiven Theorie des Allgemeinen Gleichgewichts.

Ob ein Allgemeines Gleichgewicht wünschenswert ist - und wenn ja, welches - ist eine Frage aus der normativen Theorie des Allgemeinen Gleichgewichts, die als Wohlfahrtsökonomie bezeichnet wird, aber nur am Rande mit Wohlfahrt im Sinne von Hilfe zum Lebensunterhalt zu tun hat.

In der Wohlfahrtsökonomie geht es um die zentrale Frage, welcher Zustand der Wirtschaft als optimal anzusehen ist.

Hier mag sich jeder für eine andere Antwort entscheiden. Viele würden sicherlich einen solchen Zustand als optimal bezeichnen, in dem es ihnen selbst besonders gut geht. Derartige Urteile kann man für gerecht oder ungerecht, erwünscht oder unerwünscht und angebracht oder unangebracht halten, man ist jedoch nicht in der Lage, zu sagen, sie wären wahr oder unwahr. Jedoch geht auf den italienischen Ökonom Vilfredo Pareto (1848-1923) ein Kriterium zurück, das auch die normative Theorie des Allgemeinen Gleichgewichts für die wirtschaftswissenschaftliche Analyse aufbereitet hat (wir haben das Kriterium schon bei der Betrachtung eines einzelnen eingesetzt. Zwar handelt es sich bei diesem nach Pareto benannten Kriterium um ein Werturteil, doch es stößt auf so breite Akzeptanz, dass ein sinnvolles Arbeiten damit möglich ist.

Die Theorie des Allgemeinen Gleichgewichts im engeren Sinne konzentriert sich also auf die Frage, ob ein Allgemeines Gleichgewicht verwirklicht ist, während die Wohlfahrtsökonomie der Frage nachgeht, ob es angestrebt werden soll.

Ein gewisses Problem dabei stellt sich, da wir bis hierher zwar schon häufig vom Allgemeinen Gleichgewicht gesprochen haben, jedoch noch ungeklärt ist, ob in einer Volkswirtschaft mit einer Vielzahl von Gütern, Faktoren und Konsumenten bei einer vorgegebenen Produktionstechnologie überhaupt eine Kombination von Preisen existiert, die alle Märkte zugleich räumt. Glücklicherweise haben sich einige Ökonomen intensiv mit diesem Problem auseinandergesetzt und die Bedingungen aufgezeigt, unter denen ein markträumender Preisvektor existiert. Für ihre Arbeiten zur Theorie des Allgemeinen Gleichgewichts haben Hicks und Arrow (1972), Leontief (1973), Debreu (1983) und Allais (1988) den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften erhalten. Den reinen Theoretiker mag der Beweis en détail interessieren, hier werden wir uns jedoch mit den Problemen, unter welchen Rahmenbedingungen ein Allgemeines Gleichgewicht existieren kann, nur auf der Ebene lockerer Denkzusammenhänge auseinandersetzen. 

Ein Allgemeines Gleichgewicht - soviel ist sicher - kann in der realen Welt nicht vorgefunden werden. Die zahlreichen, teilweise recht restriktiven Annahmen, die im weiteren Verlauf noch genannt werden, sind unrealistisch. Dies mag Zweifel daran aufkommen lassen, ob eine Auseinandersetzung mit dem Thema überhaupt sinnvoll ist. Die Zweifel erweisen sich jedoch als unberechtigt. Allein zwei Gründe genügen bereits, dies zu erkennen:

  1. Erstens kann ein allgemein gleichgewichtiger Zustand als Referenz genutzt werden, d. h. es kann untersucht werden, warum die drei eingangs genannten Bedingungen nicht erfüllt sind.
  2. Zweitens liefert die Theorie des Allgemeinen Gleichgewichts einen Zugang zum Verständnis der vielfältigen Wechselbeziehungen in einer Volkswirtschaft, kurz den Interdependenzen der diversen Märkte auf mikroökonomischer Ebene.